Kehricht und Kehrichtverbrennungsanlagen
Kehricht wird im Kanton Thurgau durch den Verband KVA Thurgau (KVA TG), den Zweckverband Abfallverwertung Bazenheid (ZAB) und den Verband A-Region in den 80 Gemeinden gesammelt und der jeweiligen Verbrennungsanlage übergeben. Die Verbrennungsanlage der KVA TG liegt in Weinfelden, jene des ZAB in Bazenheid (SG). Der Kehricht der Gemeinde Horn im Verband A-Region wird in der KVA St. Gallen verbrannt. Kehricht umfasst für die Verbrennung bestimmte, nicht stofflich verwertbare gemischte Abfälle. Brennbares Sperrgut und weitere brennbare Abfälle aus Gewerbe und Industrie wird den KVA durch Entsorgungsunternehmen direkt angeliefert (Direktanlieferung). Bei der Verbrennung und Abluftreinigung fallen diverse Rückstände wie Kehrichtschlacke und Filterasche an. Zudem wird Strom und Wärme produziert.
Zahlen und Grafiken
Bei den KVA wird zwischen kommunal gesammeltem und direkt angeliefertem Kehricht unterschieden. Der Kehricht aus der öffentlichen Sammlung wird mit Kehrichtfahrzeugen regelmässig eingesammelt und umfasst vor allem Haushaltskehricht und Kehricht aus dem Gewerbe, der oft in 800 Liter-Containern bereitgestellt wird. Anders der direkt angelieferte Kehricht, der mehrheitlich aus Abfällen von grösseren Betrieben und Entsorgungsanlagen besteht. Zum Beispiel werden Bauabfälle in spezialisierten Aufbereitungsanlagen sortiert, und der brennbare, nicht verwertbare Anteil wird in die KVA geliefert.
Das Gebiet des Verbands KVA Thurgau umfasst 66 Thurgauer und vier Schaffhauser Gemeinden (Stein am Rhein, Buch, Hemishofen, Ramsen). Um die Verbrennungs-Kapazität der KVA Weinfelden von rund 150'000 t auszuschöpfen, wird nebst dem Kehricht aus der kommunalen Sammlung auch Marktkehricht aus dem Verbandsgebiet sowie von extern entgegengenommen und verbrannt. Die "Direktanlieferung Extern" (brennbare Abfälle von ausserhalb des Verbandsgebiets) mit rund 60'000 t beinhaltet Siedlungsabfälle aus dem grenznahen Deutschland (70%, v.a. Landkreis Konstanz) und Österreich (15%, v.a. Vorarlberg) sowie ausserkantonale Kehrichtmengen und brennbare Abfälle (15%, v.a. aus der Autoverwertung). So gibt es seit vielen Jahren eine Zusammenarbeit mit der Abfallwirtschaftsgesellschaft der Landkreise Bodenseekreis und Konstanz mbH (ABK), wodurch Kehricht aus dem angrenzenden Bodenseegebiet ebenfalls in der KVA Thurgau verwertet werden (Los 1 – Landkreis Konstanz). Die tatsächlich verbrannte Menge ist in der Regel kleiner als die angelieferte Menge, da in Folge von Revisionsarbeiten oder ungeplanten Unterbrüchen der Kehricht an andere KVA in der Schweiz umgeleitet werden muss. Handkehrum nimmt die KVA Thurgau, v. a. im Rahmen ihrer Mitgliedschaft beim VTV (Verbund thermischer Verwertungsanlagen Ostschweiz) auch brennbare Abfälle von anderen VTV-Mitgliedern an. Dieser Verbund dient der Ausfallsicherheit.
Beurteilung 2023
2022 fielen im Kanton Thurgau 117'700 t Kehricht an, 46'000 t aus der öffentlichen Sammlung und 71'700 t aus Direktanlieferungen von Gewerbe und Industrie. 73.6% wurden in der KVA in Weinfelden, 22.6% in Bazenheid und 0.4% in der KHK St. Gallen thermisch behandelt. Die Kehrichtmenge inkl. Direktanlieferungen hat in 15 Jahren von rund 350 auf 407 kg/Kopf zugenommen. In Zusammenarbeit mit den Ostschweizer Kantonen wurde eine Abfallprognose bis 2035 erstellt, die regelmässig nachgeführt werden soll. Die Kapazität der KVA Thurgau reicht aktuell für die im Verbandsgebiet anfallende Kehrichtmenge sowie die vertraglich langfristig vereinbarte Importmenge aus Süddeutschland aus, die Anlage ist jedoch mit der thermisch behandelten Menge von rund150'000 t maximal ausgelastet. Aufgrund der aktuell 27 Jahre alten Anlage (Inbetriebnahme 1996), wachsender Abfallmengen und langer Planungshorizonte, plant der Verband einen Ersatzneubau per 2030 am gleichen Standort in Weinfelden mit einer Kapazität von 224'000 t. Das Vorprojekt ist bereits weit fortgeschritten. Als nächster Schritt startet der Kreditgenehmigungsprozess in den Verbandsgemeinden. Unter der Federführung des ARE wird aktuell die kantonale Nutzungszone für die KVA Weinfelden überarbeitet.
Handlungsbedarf 2023
Aktuell kein Handlungsbedarf
Weitergehende Informationen
Sammellogistik Verband KVA Thurgau
Für den Verband KVA Thurgau sind sechs Kehrichtfahrzeuge mit Wechselcontainersystem für den Bahnverlad sowie fünf Kehrichtfahrzeuge für die Unterflurcontainer (UFC) unterwegs. Per Ende 2022 waren im Einzugsgebiet des Verbands KVA Thurgau über 1300 UFC für Kehricht in Betrieb. Die UFC ersetzen die offenen Sammelplätze (Sammelpunkte), an welchen bisher die Kehrichtsäcke bereitgestellt wurden. Den Kehrichtsack jederzeit entsorgen zu können, ist einer der grossen Vorteile der UFC aus Kundensicht. Für den Verband ergibt sich ein Potenzial für eine effizientere Sammellogistik. Ziel ist es, die UFC nur dann anfahren zu müssen, wenn diese genügend gefüllt sind. An einer zuverlässigen Füllstandsmeldung wird
derzeit noch gearbeitet.
Kehrichtverbrennungsanlage Thurgau in Weinfelden
Aus den im Jahr 2022 rund 148'000 t verbrannten Abfällen konnten 220 GWh Energie an Verbraucher abgegeben werden, davon 76% Wärme als Dampf (an Unternehmen in Weinfelden), 23% Strom und 1% Fernwärme. Der Energienutzungsgrad der KVA Thurgau in Weinfelden ist im Vergleich zu vielen anderen KVA in der Schweiz hoch. Die ins Netz eingespeisten 50 GWh Strom entsprechen dem Verbrauch von rund 18’000 Zwei-Personen-Haushalten in einem Mehrfamilienhaus. Nach der thermischen Behandlung des Abfalls in der KVA Thurgau in Weinfelden bleiben rund 26% vom verbrannten Abfall als feste Abfälle übrig: Schlacke (35’300 t), Flugasche (2’900 t) und Rückstände aus der Abwasserreinigung nach dem Nasswäscher (390 t). Die Kehrichtschlacke wird mehrheitlich in der Deponie Burgauerfeld in Flawil SG abgelagert. Aus der Schlacke werden vor der Ablagerung Eisen- und Nichteisenmetalle zurückgewonnen. Kehrichtschlacke, die aus Siedungsabfällen aus dem benachbarten Landkreis Konstanz entsteht, wird anteilsmässig zurückgeführt. Die Abluft aus der KVA und das bei der Rauchgasreinigung anfallende Abwasser werden gereinigt, sodass die gesetzlichen Grenzwerte eingehalten werden können. Die Abwasserrückstände nach dem Nasswäscher werden behandelt und in eine Untertagedeponie in Deutschland überführt. Die bei der Abluftreinigung anfallende Filterasche wird seit Herbst 2015 bei der KVA Linth in Niederurnen sauer gewaschen, um Metalle zurückzugewinnen.
Die Verbrennungsanlage in Weinfelden wurde 1996 in Betrieb genommen und soll bis ca. 2030 durch einen Neubau am gleichen Standort ersetzt werden. Mit den Abfallimporten aus Süddeutschland und dem Vorarlberg ist die Anlage aktuell voll ausgelastet. Die neu geplante Anlage wird eine Verbrennungskapazität von 224'000 t pro Jahr haben.
Mengenprognose für die brennbaren Abfälle in der Ostschweiz bis 2035
Im Hinblick auf die anstehenden Erneuerungen bei mehreren KVA wurde im Auftrag der KVU Ost eine interkantonale KVA-Kapazitätsplanung ausgearbeitet. Im Projekt «Abfallmengenprognose» wurde mit einem Prognosemodell für die Ostschweiz (AR, AI, GL, SH, SG, GR, TG, ZH, FL) die für die thermische Behandlung in KVA relevante Abfallmenge bis 2035 ermittelt. Berücksichtigt wurden die brennbaren Abfälle, d. h. Siedlungs-, Bau- und Sonderabfälle sowie Marktkehricht. Auch Import- und Exportströme sind in die Betrachtungen eingeflossen. Es wurde jeweils zwischen internem (int) und externem (ext) Abfall unterschieden.
Erkenntnisse aus dem Schlussbericht vom 26.3.2021:
- Die Abfallmenge in der Ostschweiz nimmt im Basisszenario (= realistische Einschätzung aller Annahmen) von rund 1.5 Mio. t/Jahr um 15% auf eine Gesamtmenge von 1.67 Mio. t/Jahr zu. Haupttreiber der Zunahme sind das Wirtschaftswachstum, das Bevölkerungswachstum, sowie die Zunahme der Sanierungs- und Rückbaurate. Es hat (noch) keine signifikante Entkopplung der Abfallmenge vom BIP (Bruttoinlandprodukt) stattgefunden.
- Im Kanton Thurgau rechnet man im Basisszenario mit einer Zunahme der brennbaren Abfälle von 151'000 t im Jahr 2019 (inkl. bislang bereits importierter Abfall) auf rund 174'000 t bis 2035; dies entspricht einer Zunahme von knapp 1% pro Jahr.
- Der Vertrag zwischen dem Verband KVA Thurgau und der Abfallwirtschaftsgesellschaft der Landkreise Bodenseekreis und Konstanz mbH (ABK) über rund 37'000 t/Jahr hat eine Laufzeit bis 2025. Die Ausschreibung für den Nachfolgezeitraum ist im Sommer 2021 erfolgt. Die Zusammenarbeit wird auch nach 2025 für mindestens 15 Jahre weitergeführt.
- Im südlichen Baden-Württemberg sind derzeit keine zusätzlichen Kehrichtverbrennungsanlagen in Planung. Die dem Landkreis Konstanz nächstgelegenen KVA liegen in mehr als 140 km Fahrdistanz. Einer Studie der prognos AG von 2020 zufolge, ist mit einer vollständigen Auslastung der deutschen Kehrichtverbrennungsanlagen bis 2040 zu rechnen.
- Auch das Land Vorarlberg plant aktuell keine eigene Verbrennungsanlage für Siedlungsabfälle.