Materialannahmestellen und Aushub
Die einzigen im Kanton Thurgau in grösseren Mengen vorkommenden Rohstoffe sind – abgesehen von nachwachsendem Holz – Kies, Sand und Ton. Der Abbau dieser Rohstoffe bedingt zum Teil grosse Eingriffe in Landschaft und Umwelt. Abbauvorhaben sind deshalb immer mit der Pflicht verbunden, die Landschaft nach Abschluss der Rohstoffgewinnung wiederherzustellen. Die entstandenen Gruben sind wieder aufzufüllen und gemäss einem zuvor genehmigten Gestaltungsplan zu rekultivieren. Im Falle von Kies- und Sandgruben erfolgt die Wiederverfüllung mit ausschliesslich unverschmutztem Aushub- und Ausbruchmaterial. Im Falle von Ton- und Mergelgruben stellt, aufgrund der geologischen Bedingungen, auch die Verfüllung mit Inertstoffmaterial eine Option dar. In diesen Fällen wird die ehemalige Ton- und Mergelgrube als reine Deponie Typ B oder als kombinierte Deponie mit Kompartimenten vom Typ A und Typ B betrieben.
Das Gesetz schreibt vor, dass unverschmutztes Aushub- und Ausbruchmaterial möglichst vollständig zu verwerten ist – am besten gleich wieder auf der Baustelle selber oder als Baustoff im Tiefbau. Die Wiederauffüllung von Materialentnahmestellen gilt neben Terrainveränderungen gemäss Gesetzgebung ebenfalls als Verwertung. Bei Letzteren wird unverschmutztes Aushubmaterial zur Terraingestaltung eingesetzt. Die Ablagerung von unverschmutztem Aushub- und Ausbruchmaterial auf Deponien vom Typ A stellt somit die letzte Option dar. Da nicht alle diese drei Optionen immer zu gleichen Konditionen und in gleicher Verfügbarkeit vorliegen, ist der Markt ein wichtiger Treiber in der Aushubbewirtschaftung.
Zahlen und Grafiken
In den Jahren 2021 und 2022 wurden im Kanton Thurgau 732’000 m3 resp. 690'000 m3 Aushub- und Aus-bruchmaterial abgelagert, deutlich weniger als in den Vorjahren. Die abgelagerte Menge im Jahr 2022 verteilte sich zu 44% auf Abbaustätten, zu 6% auf Terrainveränderungen1 und zu 50% auf Deponien (vor allem Typ A).
1 Der Anteil der Terrainveränderungen ist aufgrund der verfügbaren Datengrundlage eine prognostizierte, hypothetische Grösse und wird in Realität deutlich höher vermutet.
Die Wiederauffüllung von Materialentnahmestellen ist abhängig von der Abbautätigkeit. Die Auffüllreserven stagnieren seit Jahren. 2021 und 2022 wurde mit 298'770 m3 bzw. 289'854 m3 deutlich weniger Material abgebaut als im Mittel über die letzten zehn Jahre (371'108 m3). Nennenswerte Auffüllreserven konnten so auch in den letzten beiden Jahren keine generiert werden.
Das insgesamt kurzfristig verfügbare Ablagerungsvolumen liegt unverändert bei rund 800’000 m3 jährlich und deckt im Mittel grob den Jahresbedarf. Davon entfallen rund 301'000 m3 auf Materialentnahmestellen. Mit dem Rückgang der Abbautätigkeit entsteht ein Mangel an Verfüllvolumen, das v.a. durch Aushubdeponien (Deponie Typ A) kompensiert werden muss. Terrainveränderungen stellen keine verlässliche, nachhaltige Option dar.
Der in Materialentnahmestellen verwertete Aushub stammte 2022 zu über 80% aus dem Kanton Thurgau, während es in Deponien über 90% waren.
Beurteilung 2023
Das bei Bautätigkeiten jährlich anfallende unverschmutzte Aushub- und Ausbruchmaterial ist im Kanton Thurgau mit derzeit rund 690'000 m3 der dominierende Bauabfall. Die Verwertung dieses Materials hat Priorität vor dessen Entsorgung auf Deponien. Die hauptsächlich für die Verwertung vorgesehenen Möglichkeiten, nämlich die Wiederauffüllung von Materialentnahmestellen und Terrainveränderungen, sind jedoch beschränkt. Auf Deponien vom Typ A kann deshalb nicht verzichtet werden.
Das bewilligte Rest-Deponievolumen für Typ-A-Material beträgt zurzeit rund 4 Mio. m3. Es ist gross genug, um der kurzfristigen Nachfrage zu entsprechen. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass diese Kapazitäten aus betrieblichen und technischen Gründen nur etappenweise und verzögert zur Verfügung stehen. Damit keine Engpässe entstehen, müssen laufend neue Deponiestandorte für unverschmutztes Aushubmaterial in die Deponieplanung aufgenommen und mit der kantonalen Richtplanung abgestimmt werden. Erste Standorte wurden im Rahmen der Richtplananpassung 2020/2021 und der laufenden Teilrevision 2022/2023 des Richtplans vorgeschlagen.
Handlungsbedarf 2023
- Weiterführung regelmässiger Vermessungen zur genaueren Bestimmung der Ablagerungskapazitäten (2017), die Genauigkeit der Vermessungen nimmt dank Drohnentechnik zu.
- Bereitstellung planerischer Grundlagen für die Realisierung von Aushubdeponien im Rahmen der kantonalen Deponieplanung (2017)
- Regionale Aufschlüsselung der Aushubmengen (2017)
- Sicherstellung von genügend Deponieraum Typ A und B (2021)
Weitergehende Informationen
Aushubbewirtschaftung im Kanton Thurgau
Die Ablagerungsmöglichkeiten für unverschmutzten Aushub sind im Kanton Thurgau ungleich verteilt. Der Kanton Thurgau kennt auch keine Einzugsgebiete, wie sie in andern Kantonen festgelegt werden. So ist im Oberthurgau der Deponieraum vergleichsweise knapp und auch grössere Materialabbaustellen fehlen. Der dort anfallende Aushub wird deshalb entweder im Mittelthurgau oder in lokalen landwirtschaftlichen Terrainveränderungen abgelagert. Allerdings hat sich die Situation seit 2022 mit der Betriebsaufnahme der Deponie Ballen in Egnach und der kantonsübergreifenden Deponie Hummelberg in den Gemeinden Hauptwil-Gottshaus (TG) und Waldkirch (SG) aber etwas entspannt. Für weitere Informationen wird auf die Deponieplanung 2021-2050 verwiesen.